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AutorenbildThomas Kammel

Gedanken zur Bedeutung von kultureller Bildung an Schulen

Aktualisiert: 24. Jan. 2023

In seinem Programm zur „Ästhetischen Erziehung des Menschen“ (1795) forderte Schiller eine Schulbildung in Wissenschaft und Künsten für die gesamte Bevölkerung als Voraussetzung für die Schaffung einer besseren Gesellschaft.

  • Nach Schiller wird der Mensch von zwei Trieben bestimmt. Der Stofftrieb klammert sich an die Materie, der Formtrieb an die Vernunft. Einen Ausgleich zwischen den beiden Extremen schafft nur die Kunst. Sie ist das Resultat eines dritten Triebs – des Spieltriebs –, der die anderen beiden in sich vereint.

  • Ziel der Kunst muss es sein, den Menschen zu veredeln.

  • Zitat: „Es gibt keinen andern Weg, den sinnlichen Menschen vernünftig zu machen, als dass man denselben zuvor ästhetisch macht.“

Auf der politischen Bühne wird derzeit über das Schicksal der Menschheit entschieden. Schönheit spielt dabei kaum eine Rolle. Sie wird als nicht nützlich betrachtet – und die Gegenwart huldigt nur Dingen, die nützlich sind. Man gelangt jedoch nur über die Schönheit zur Freiheit. Sie ist entscheidend für die politisch-moralische Bildung des Menschen.

Der spanische Philosophie-Professor José Maria Valverde formulierte es so:


"Nulla ethica sine aesthica"



Frankfurter Allgemeine Zeitung 17. Dezember 2022


Deutschland im Advent 2022:

Den Laienchören geht es nicht gut, und die Viertklässler können immer schlechter schreiben, lesen und rechnen.

Lediglich ein Drittel der Chöre probt noch mit der Häufigkeit wie im Jahr 2019.


Klassengesang ist verpönt


Aktuell fehlen bundesweit etwa 23 000 Fachlehrer für Musik in den unteren Klassenstufen. …Besonders im Westen des Landes hat die Denunziation pädagogischen Singens in der Behauptung, nirgends stehe geschrieben, dass Singen not sei, dazu geführt, dass Klassengesang im Schulunterricht weitgehend verpönt ist.

Musik gilt nicht als berufsnotwendige Kompetenz. Die Ständige Wissenschaftliche Kommission (SWK) der Kultusministerkonferenz reagierte auf die verheerenden Ergebnisse der jüngsten Untersuchung der Lese-, Schreib- und Rechenfähigkeiten deutscher Viertklässler mit der Forderung nach Ausdehnung des Deutsch- und Mathematikunterrichts. Das erinnert an Olaf Köller, Mitbegründer des Instituts für Qualitätsentwicklung im Bildungswesen, der schon Anfang 2021 gefordert hatte, temporär auf Musik, Religion und Sachkunde zugunsten von Deutsch und Mathematik zu verzichten, um pandemiebedingte Lernrückstände in der Grundschule aufzuholen.

Nun wissen wir freilich aus dem SWK-Papier auch, dass „viele Schüler aufgrund einer sozial-emotionalen Störung kaum lernen können“. Wir wissen zudem durch eine Studie von Thomas Blank und Karl Adamek über „Gesundheit und Schulfähigkeit von Kindergartenkindern“, dass Kinder, die viel singen, zu 89 Prozent schulreif waren, bei wenig bis gar nicht singenden nur 44 Prozent – und zwar unabhängig vom Bildungshintergrund der Familien.

Es ist seit Langem klar, dass Singen das Erlernen von Sprache immens unterstützt, die Gedächtnisfähigkeit stärkt, zur Verinnerlichung syntaktischer Strukturen und zur atmenden Einverleibung von Satzbau und Versmaß beiträgt, als chorisches Tun zur sozialen Interaktion einlädt und damit Integration begünstigt. Singen ist ein wirksamer Katalysator beim Erwerb von Sprachkompetenz und bei der Beseitigung von Lernstörungen. Wenn die Befunde dieser Tage eines gezeigt haben, dann dieses: Es steht wahrlich geschrieben, dass Singen not sei – nicht nur im Advent.


Redakteur im Feuilleton

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